Edition H1 (Kunstbuch)

Kinder können grausam sein

Beinahe Alltag an Schulen heute: Ein Jugendlicher, der von Mitschülern gedemüdigt wird. Jeden Tag aufs Neue. Immer fieser, immer brutaler. Er lässt es über sich ergehen, ohne Widerworte, ohne Gegenwehr. Ein anderer, der für ihn Partei ergreift, wird gleich mitgemobbt. Der Rest der Klasse deckt die Täter – sie alle werden dadurch zu Mittätern. Lehrer und Eltern sind ratlos, hilflos, machtlos. Es naht die unvermeidliche Eskalation:

Das Opfer mutiert zum Rächer – und wirkt auf einmal klar und bestimmt. Diesmal nimmt es seinen Beschützer an die Hand, um beim letzten Gang zur Schule gemeinsam durchzuziehen, was Genugtuung verschafft ...

Der Zuschauer weiß nicht, was er fühlen soll, was er fühlen darf. Mit den Gepeinigten, die im folgenden Amoklauf selbst schreckliche Pein anrichten? Mit den eigentlichen Tätern, die sich nun den Früchten ihrer Quälereien konfrontiert sehen? Und bei alledem: Es sind doch noch Kinder! Ich würde mir wünschen, dass diese beachtenswerte estnische Filmproduktion, die mehrfach preisgekrönt wurde, an Schulen gezeigt wird: im Unterricht, an Elternabenden, bei Lehrerkonferenzen. Um verstehen zu lernen. Um Ansatzpunkte zu finden, wie das Übel an der Wurzel gepackt werden kann. Und zur Abschreckung.

Titel: Klass – Chronik einer Katastrophe
Originaltitel: Klass
Jahr: 2007
Land: Estland
Regie: Ilmar Raag
Genre: Drama
Im Netz: www.klassfilm.com
Vertrieb: Ascot Elite

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