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Chirurgie ohne Messer: Andrew Taylor Still und die Osteopathie

(in der Serie "Außergewöhnliche Therapieformen")

Von MATTHIAS ENGEL und THOMAS RÖTTCHER

Die Osteopathie zählt zu den bekanntesten Therapiemethoden überhaupt und stand vielen neueren manuellen Verfahren Pate. Fast nichts wusste man lange Zeit von ihrem Begründer, dem amerikanischen Landarzt Andrew Taylor Still, dessen tatsächliche Bedeutung erst in jüngster Zeit erkannt wurde. Der Beitrag führt ein in die Behandlungsvielfalt der Osteopathie und erzählt die Erfolgs- und Leidensgeschichte der Methode und ihres Entwicklers, der sich selbst stets treu blieb.

Die Osteopathie genießt nicht nur in ihrem Geburtsland USA, sondern auch hierzulande große Popularität. Das Interesse an der Methode wächst weiter – davon zeugen die zahlreichen Osteopathieverbände, die sich derzeit allerorts gründen. Was der Laie nicht weiß: Die osteopathische Behandlungslandschaft ist gespalten. Auf der einen Seite sind da die Vertreter der Schulmedizin, welche die Osteo pathie im allopathischen Sinne deuten und allein auf manuelle Techniken reduzieren. Auf der anderen Seite gibt es Therapeuten, die sich in der Tradition Andrew Taylor Stills (1828–1917) sehen, dem Vater der Osteopathie, der sie als eine ganzheitliche Philosophie verstand.

Ein typischer Handgriff im Rahmen einer klassisch-osteopathischen Behandlung. Doch nur wenige Behandler arbeiten heute noch nach der ursprümglichen Idee des Osteopathiebegründers Andrew Taylor Still

Der Landarzt Still, über den noch vor kurzem selbst in Fachkreisen kaum etwas bekannt war, war nach einer langen und intensiven Suche zur Idee der Osteopathie gelangt. Allerlei Legenden ranken sich um sein Leben, sein leider nur teilweise überliefertes Erbe blieb lange Zeit unzugänglich und ist noch immer nicht gänzlich gesichtet. Im Internet werden häufig ungenaue und bisweilen falsche Angaben über ihn verbreitet, der eine faszinierende Persönlichkeit gewesen sein muss: Kompromisslos und von Neugier getrieben, schien sein Wissensdurst unendlich. Tabus gab es für ihn nicht; die Texte, die er hinterließ, zeugen von einer wertneutralen, vorurteilsfreien Sprache und stellen mehr Fragen, als dass sie Antworten geben. (...)

Störungen sah Still primär als ein Problem in der Zufuhr oder Abfuhr von Nährstoffen an – einen Stau von „Nervenwasser“, wie er es nannte. Er arbeitete deshalb hauptsächlich an Wirbelsäule und Solarplexus, wo die meisten „Nervenverdrahtungen“ liegen, um so die Versorgung wieder sicherzustellen. Der Osteopath als „Meistermechaniker“, als Chirurg ohne Messer. Seinen Schülern brachte er die osteopathische Philosophie nahe, niemals aber Lehrkonzepte oder Techniken. Er wollte, dass sie ihren eigenen, individuellen Zugang finden – für viele Anwender bis heute ein Problem. (...)

Mehr über das Leben eines der Medizinphilosophen in der Geschichte der Menschheit und die Entwicklung der Osteopathie in der aktuellen zeitgeist-Ausgabe 2-2006.

 

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