Leide ich unter Verfolgungswahn? Habe ich zuviel über Verschwörungstheorien gelesen? Es muß wohl so sein. War da was in meinem Glas, oder war's das Übermaß?
Egal. Sprache ist etwas Lebendiges. Also kann man sie auch totreden. So kunstvoll eingefädelt, so müßig dünkt mich der derzeitige Hader um unsere sogenannte Rechtschreibreform. Die Problematik ist auf dem ganzen Rund die gleiche. Doch von wo aus könnte sie besser beleuchtet werden, als aus einem Land, dessen Sprache weltweit über den größten Wortschatz verfügt und dessen Sprache, wie wohl keine andere, zur Aufnahme von Lehnwörtern befähigt ist? Einem Land, dessen Sprache weiterhin in jahrhundertelangem organischem Wuchs und im Spiel mehr oder minder großer Geister in der Lage war, Fremdwörter jeder Couleur zu integrieren, ohne die eigene Identität zu verlieren.
Genau in diesem Land, oder soll ich doch lieber sagen Staat, sehe ich mich heute einer Überflutung mit Anglizismen und Amerikanismen gegenüber, die mit Organik oder Spiel nichts mehr zu tun hat, eine Angelegenheit, die sich zum Vorbild allenfalls die babylonische Sprachverwirrung genommen haben kann. Deren Ziel ist dann erreicht, wenn Hinz und Kunz auch noch mit Wörtern um sich werfen, die sie nicht verstehen, wenn sie über Dinge reden, von denen sie keine Ahnung haben.
Ich widerstehe der Versuchung, meine 59 Thesen an die Bretter vor den Köpfen der Verantwortlichen und deren Jünger zu nageln und überlasse es dem geneigten Leser, das eigene Ohr und Auge für solcherart Belange zu schulen. Genüge dies: Wir ereifern uns darüber, ob Schiff(f)ahrt nun mit zwei oder drei f geschrieben werden muß. Wen interessiert es da, warum, wenn mit einem f geschrieben, das ch zu einem k mutiert? Statt reden: talken, statt gehen: walken. Zum Glück darf ich eines noch auf deutsch: verkalken.
Und: Natürlich bin ich mir der Gefahr bewußt, in eine Ecke gestellt zu werden, die die meine nicht ist, wenn ich mich frage, warum aus dem Trottoir nun unbedingt ein Trottwar werden soll. Ist es die Befürchtung, einer der ungezählten Dahergelaufenen könnte vielleicht das Wort Gehweg als geh weg! fehlinterpretieren? Streiten wir uns nicht trefflich um Reformen, die keine sind, und übersehen dabei noch im freien Fall, in welche Falle wir getappt sind?
Alle Schweine dieser Welt grunzen die gleiche Sprache. Und alle gehen den gleichen Weg: Zur Schlachtbank.