Was haben unsere Soldaten in Afghanistan verloren?

Oder: Die stille Macht der Agency

Von GUNTHARD HELLER

Die Bundeswehr rüstet sich für den Krieg, lautete neulich eine Schlagzeile. Verteidigungsminister zu Guttenberg kündigte anlässlich einer Trauerfeier gleich weitere Tote an und selbst Kanzlerin Merkel spricht neuerdings hochoffiziell von Krieg (wo doch der Einsatz in Afghanistan zuvor stets als Friedensmission verharmlost wurde). Bei alle dem stellt der Autor die längst überfällige Frage: Was haben die Deutschen – wie auch die US-Truppen – überhaupt (noch) am Hindukusch zu suchen bzw. warum holt sie keiner heim?

Musste Kennedy sterben, weil er dem Krieg ein Ende setzen wollte?

(Foto: www.jfklibrary.org)


Die offizielle Version ist allgemein bekannt: Deutsche Soldaten kämpfen in Afghanistan, da es sich um einen Abwehrkrieg gegen Terroristen handelt, die am 11. September 2001 auf die mit Deutschland verbündeten USA vier Anschläge verübt haben. Afghanistan hat diesen Terroristen angeblich Unterschlupf geboten. Diese Version wird u. a. untermauert vom „9/11 Commission Report“ und von Bob Woodwards Gesprächsprotokollen „Bush at War“.

Aus der 9/11-kritischen Literatur erhalten wir ein ganz anderes Bild: Die offizielle Version wird nicht nur in Zweifel gezogen, sondern es wird eine Fülle von Fakten vorgelegt, die zeigen, dass sie lediglich eine Deckgeschichte ist, die der Vertuschung der tatsächlichen Vorgänge dienen soll (vgl. die Loose-Change-Filme in der alten und neuen Fassung sowie die Bücher von Hersh, Bröckers/Hauß, von Bülow, Rothkranz, Wisnewski).

Wer die genannten Bücher gelesen hat, kommt an folgenden Fragen nicht vorbei: Was wusste George W. Bush, bevor er offiziell über die Anschläge benachrichtigt wurde? Was wissen heute US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel? Warum hat Obama die Erwartungen, welche die Verleihung des Friedensnobelpreises geweckt haben, bisher nicht erfüllt?

Es gab schon einmal einen Präsidenten, der einen Krieg beenden wollte

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, werfen wir einen Blick in die amerikanische Geschichte: Es gab schon einmal einen Präsidenten, der einen Krieg beenden wollte. Dieser Präsident wurde ermordet. Auch damals gab es dasselbe Muster der Vertuschung und Desinformation der Öffentlichkeit: Der offiziellen Version zufolge war Lee Harvey Oswald der Mörder John F. Kennedys (vgl. den Warren Report und das Buch von Weiner), der kritischen Literatur zufolge handelte es sich um eine Verschwörung, in welche die CIA involviert war (vgl. die Bücher von Garrison, Lane und Hesemann).

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Auf die Frage, warum Kennedy am 22. November 1963 sterben musste, werden in der Literatur folgende Antworten gegeben:

  • Kennedy wollte den Kalten Krieg gegen die Sowjetunion beenden.
  • Kennedy wollte die CIA umstrukturieren, um ihre Macht einzuschränken.
  • Kennedy gab bei der Invasion in der Schweinebucht auf Kuba keine Luftunterstützung. Er ordnete an, die Ausbildungslager der Exilkubaner zu schließen.
  • Kennedy beendete die Waffenlieferungen nach Südafrika.
  • Kennedy wollte den Vietnam-Krieg beenden.

Nach folgenden Worten von Bezirksstaatsanwalt Jim Garrison kann man die Bedeutung der Ermordung Kennedys nicht hoch genug einschätzen: „Ein Vierteljahrhundert später wird deutlich, daß das Attentat und die Vertuschung durch Regierung und Medien die Weichen für die Zukunft dieses Landes gestellt haben. Hier, an diesem Punkt, verlor das Amerika der Nachkriegszeit seine Unschuld, hier nahm die derzeitige Phase der Unzufriedenheit mit und des Misstrauens gegenüber unserer Regierung und grundlegenden Institutionen ihren Anfang.“1 Garrison wertete das Attentat auf Kennedy als Staatsstreich fanatischer „Antikommunisten in den Geheimdiensten der USA“2.

Diese Antikommunisten hatten nach dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 als Folge von Gorbatschows Glasnost („Offenheit“) und Perestroika („Umgestaltung“) keinen Feind mehr. Was das für die CIA bedeutete, schildert Tim Weiner in seinem Buch „CIA – Die ganze Geschichte“ so: „Der Verlust der Sowjetunion traf die CIA ins Mark. Wie sollte sie ohne ihren Widerpart fortbestehen? (…) Hunderte von altgedienten Geheimdienstlern erklärten sich zu Siegern und dankten ab.“

Im Winter 1991 stellte der Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes Robert M. Gates „seine Aufgabenliste für den Umgang mit der neuen Welt zusammen (…). Die Schlussfassung führte 176 Gefahren auf, angefangen vom Klimawandel bis hin zur Cyberkriminalität. Ganz oben rangierten die nuklearen, chemischen und biologischen Waffen. Dann kamen die Drogen und der Terrorismus (…) und anschließend Welthandel und überraschende technologische Neuentwicklungen. Aber das riesige Loch, das die Sowjetunion hinterlassen hatte, konnte all das nicht ausfüllen.“3

Ist eine wirksame Kontrolle eines Geheimdienstes überhaupt möglich?

Ob die folgende Einschätzung Garrisons von 1988 heute immer noch gilt? Er schrieb damals in „Wer erschoss John F. Kennedy?“: „Die CIA lenkt weiterhin ohne wirksame Kontrolle durch den Kongreß oder den Präsidenten unsere Außenpolitik; doch hält sich die Agency weit hinten im Schatten, scheint sich von den laufenden Unternehmen zu distanzieren und setzt dafür ganz normale Bürger und Vermittler ein, damit sie mit diesen Aktionen nicht in Verbindung gebracht werden kann.“

Das bedeutet für den amerikanischen Präsidenten folgendes: Ist eine wirksame Kontrolle eines Geheimdienstes überhaupt möglich? Wie kann verhindert werden, dass eine von der Mehrheit der Bevölkerung gewählte Regierung von einer kleinen Minderheit dirigiert wird? Wie kann ein Präsident dem Wohl des Volkes dienen, wenn er um sein Leben fürchten muss, falls er es wagt, seinem Regierungsauftrag gerecht zu werden?

Für uns Deutsche ist die Lage noch komplizierter: Hängen die 2005 um ein Jahr vorgezogenen Bundestagswahlen damit zusammen, dass Gerhard Schröder die Teilnahme deutscher Soldaten am Irak-Krieg im Jahr 2003 ablehnte? Gilt der geheime Staatsvertrag vom 21. Mai 1949 immer noch, der „die Medienhoheit der alliierten Mächte über deutsche Zeitungs- und Rundfunkmedien bis zum Jahr 2099“ festschrieb und die sogenannte „Kanzlerakte“ enthielt, die „jeder Bundeskanzler Deutschlands auf Anordnung der Alliierten vor Ablegung des Amtseides zu unterzeichnen hat“4? Mit anderen Worten: Riskiert Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr Amt, wenn sie die deutschen Soldaten aus Afghanistan zurückzieht?

 

ANMERKUNGEN:

  1. vgl. Jim Garrison: Wer erschoß John F. Kennedy? S. 13
  2. ebenda, S. 334
  3. vgl. Tim Weiner: CIA – Die ganze Geschichte, S. 566f.
  4. vgl. die Zusammenstellung von Erika Herbst, S. 720

 

LINKS (Quellennachweis – nach Reihenfolge der Verwendung):

 

LITERATUR (Quellennachweis – in alphabetischer Ordnung):